Gerade einmal die Hälfte aller neuen Medikamente hat einen für den Patienten wirklich sinnvollen Mehrwert. Außerdem werden inzwischen bedeutend häufiger eben solche Arzneimittel von den Ärzten verordnet anstelle eigentlich gängiger Arzneimittel. Zu diesem Ergebnis kam die Krankenkasse DAK-Gesundheit, wie diese in einem aktuellen Report mitteilte. Zwar sei durchaus feststellbar, dass sich das im Jahr 2011 beschlossene „Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes“ (ANMOG) durchaus bereits bewährt habe. Allerdings seien auch hier noch immer Lücken vorhanden.
12 bis 15 Monate bis zur Preisfindung
In dem beschlossenen Gesetz wird geregelt, dass neue Medikamente, bevor diese einem Patienten verschrieben werden, vorerst auf ihren Nutzen für die entsprechende Therapie zu prüfen sind. Auf Basis dieser Prüfung wird letztlich innerhalb der nächsten zwölf Monate nach der Markteinführung des jeweiligen Arzneimittels zwischen den Herstellen und Kassen ein Preis ausgehandelt. Sollte keine Einigung möglich sein, so besteht die Möglichkeit, dass eine Schiedsstelle eine Einigung herbeiführen kann. Diese hat hierfür weitere drei Monate Zeit. Solange keine Einigung gefunden werden konnte, besteht weiterhin der Einstiegspreis, der vom Pharmaunternehmen für das Arzneimittel festgesetzt wurde. Die Gesetzliche Krankenversicherung fordert jedoch, dass der Preis, der zwischen Kasse und Hersteller vereinbart worden ist, auch rückwirkend gelten soll, damit überteuerte Preise während der ersten Monate verhindert werden können.
Ärzte häufig nicht ausreichend informiert
Wie die Kassen vermuten, könnte die Tatsache, dass so viele neue und so häufig verschriebene Wirkstoffe keinen Zusatznutzen für die Therapie aufweisen, daran liegen, dass die Mediziner schlichtweg nicht ausreichend darüber informiert wurden.
Wie der vfa (Verband Forschender Arzneimittelhersteller) mitteilte, werde die Dämpfung der Arzneimittelkosten nur einseitig ausgerichtet und die Versorgungsqualität müsse deshalb besser kontrolliert werden. Wenn die Preise neuer Arzneimittel unter den Durchschnitt Europas fallen, sei eine Refinanzierung der Investitionen nicht mehr möglich. Doch selbst wenn einige Arzneimittel aufgrund der Preisdämpfung vom Markt genommen werden mussten, sei es bislang noch zu keinen Engpässen in der Versorgung gekommen, da viele Wirkstoffe anhand diverser anderer Medikamente ersetzt werden könnten, so DAK-Chef Herbert Rebscher.
AMNOG kein Freibrief für Preisdumping
Grundsätzlich kann man in der Arzneimittelmarktreform durchaus eine Revolution erkennen, da die teils astronomischen Preise vieler Arzneimittel damit ein für alle Mal ein Ende haben. Doch dürfe darüber hinaus nicht vergessen werden, dass man dem Patienten dadurch wirklich innovative Medikamente nicht zu lange vorenthalten dürfe. Ist ein Medikament wirklich hilfreich für den Patienten, dann müsse es auch entsprechend bezahlt werden.
Kritisch betrachtet wird der in Deutschland zweigeteilte Arzneimittelmarkt. Denn jedwedes Medikament, das vor dem 01.01.2011 eingeführt wurde, wird keinerlei Prüfung unterzogen. Doch sei es wohl nicht schlecht, dass der Gesetzgeber hier entsprechende Regelungen getroffen hat. Auch Medikamente, die ab 2011 eingeführt werden, sollten nach einigen Jahren noch einmal geprüft werden, so DAK-Chef Rebscher.